Im ZEN ist „Leerheit“ (japanisch: „Kū“, chinesisch: 空, Sanskrit: „Śūnyatā“) ein zentraler Begriff, der die wahre Natur der Realität beschreibt. Es geht dabei nicht um ein völliges Nichtvorhandensein, sondern um die Einsicht, dass alle Phänomene keine unabhängige, eigenständige Existenz haben. Alles ist in Abhängigkeit von anderen Dingen entstanden und existiert nur im Wechselspiel von Ursachen und Bedingungen.
Wesentliche Aspekte der Leerheit im ZEN:
- Abwesenheit eines festen Selbst:
Kein Ding, keine Person und kein Gedanke hat ein dauerhaftes, eigenständiges Wesen. Alles ist vergänglich und in einem ständigen Fluss der Veränderung.
- Befreiung von Dualismen:
Leerheit bedeutet, die Trennung zwischen Subjekt und Objekt, Gut und Böse oder Sein und Nichtsein zu überwinden. Diese Unterscheidungen werden als geistige Konstruktionen erkannt.
- Mitte der Abhängigkeit:
Alle Phänomene sind „leer“ von einer inhärenten (einer Sache innewohnenden) Existenz, aber sie existieren in wechselseitiger Abhängigkeit („Pratītyasamutpāda“). Dinge existieren nicht unabhängig, sondern nur in Relation zu anderen Dingen.
- Erfahrung der Leerheit:
Im ZEN ist Leerheit weniger ein philosophisches Konzept als eine direkte Erfahrung. Diese Einsicht wird oft durch Meditation („Zazen“) erlangt, bei der der Geist zur Ruhe kommt und die Wirklichkeit unverstellt wahrgenommen wird.
- Leerheit als Freiheit:
Die Erkenntnis der Leerheit führt zur Befreiung von Anhaftungen, Leid und Täuschungen. Es bedeutet, offen und unvoreingenommen im gegenwärtigen Moment zu leben, ohne an Konzepten, Vorstellungen oder Bewertungen festzuhalten.
Im ZEN wird die Idee der Leerheit oft in paradoxen Ausdrücken oder
„Koans“ vermittelt, um den Geist aus gewohnten Denkmustern herauszuführen. Ein berühmtes Beispiel ist der Satz:
„Form ist Leerheit, und Leerheit ist Form.“ („Herz-Sutra, Prajñāpāramitā-Hṛdaya“)
Dies bedeutet, dass die scheinbare Welt der Formen und die Leerheit keine Gegensätze sind, sondern zwei Aspekte derselben Wirklichkeit. Die Einsicht in die Leerheit ist keine Abkehr von der Welt, sondern eine tiefere Durchdringung ihrer wahren Natur.